Sich wirklich spüren und zugleich verlieren, sich erinnern und ebenso vergessen – Caroline Roggatz übersetzt Tanz in einen bestechenden Zauber der Gefühle: Seelenvolles Bewegungsvokabular wandelt Unausgesprochenes – das, wofür wir keine Worte finden – in berührenden tänzerischen Ausdruck, löst Rätselhaftes im Dasein des Tanzes und all seiner Präsenz auf.
Entsprechend leitet sie ihr Stück Entfaltung – to unfold the untold ein: „Sprich nur dich selbst aus. Wird schon Rätsel sein. Versuch einmal dich innigst aufzulösen.“ (Johann Wolfgang von Goethe, Faust).
Worte findet sie dafür in einem gleichsam tänzerischen Stil:

„Ein Entfalten, Auffächern von Bildern und Analogien, die mich berühren, bewegen, Deutung und Bedeutung in mir finden, Raum und Zeit eines Wortes, einer Erzählung sprengen, Felder aufspannen und Gestalt annehmen. Dünne Oberflächen. Schichten. Über Vielschichtigkeit und Interferenz, Kräfte und Effekte der Natur. Ihr Farbenspiel. Meine Färbung. Ein Schillern. Was blendet mich, was macht mich blind? Was bricht?

Über die kleinen, feinen Unterschiede und Änderungen im Laufe der Zeit. Eine Bewegung des Betrachters, des betrachteten Objekts. Wie sie sich auswirken, zu starken Veränderungen der Folge und Ordnung führen, in der sie auftreten, und Muster gestalten. Über sensitive Abhängigkeit und die Frage der Wiederholbarkeit.

Ich bin auf der Reise, in mir flattern süße Falter leise, auch laut. Eine Reise als Tagpfauenauge und Regenbogenhaut, für die Sphingen und Schwärmer, zur Empfindsamkeit. Über einen Zustand beständig in der Veränderung. Über Wandlungen, Verwandlung und Vorhersehbarkeit. Über Zeit und Zeitlose, Reglosigkeit. Warten oder Wissen?

Tanz ist eine Bitte an mich, ist meine Bitte an dich.

Tanz ist die Auseinandersetzung mit mir selbst, meinen Mitmenschen und meiner Welt; ist Einkehr und Reflexion, aber auch Haltung und Standpunkt. Tanz ist ein innerer Monolog, ein Dialog oder ein ganzes Gespräch zwischen Menschen; ist Begegnung, Durchlässigkeit und Transparenz, um sichtbar werden zu lassen, mich selbst, was mich berührt und was mich bewegt."

-- Caroline Roggatz
 

Text: Vera Fischer

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